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11-02-23 16:32 Alter: 1 Jahr/e

Oscar Lafontaine: Eine „Kriegs-Erklärung“

Kategorie: Politik / Wirtschaft, Deutschland

„Ami, it‘s time to Go!“


Oskar Lafontaine, SPD-Chef von 1995 bis 1999 und Fraktionsvorsitzender der Linken von 2005 bis 2009, ist für eine klare Sprache bekannt. Seine jüngst erschienene Streitschrift: „Ami, it‘s time to Go! Plädoyer für die Selbstbehauptung Europas“ versucht die Kriegsursachen in der Ukraine zu klären. Sie ist damit „Kriegs-Erklärung“ im doppelten Sinne. Denn sie ist auch ein Generalangriff auf die Glaubensgewissheiten der Bundesbürger.

Seine Botschaften sind so verstörend wie einfach:

  • Presse und Medien sind ein gesteuerter Propagandaapparat, mehr Lücken- als „Lügenpresse“,
  • die USA sind ein aggressiver Staat, sie gefährden den Frieden wie kein anderes Land, und
  • die Bundesrepublik ist kein freies Land, sondern ein „Protektorat“ am Gängelband der USA.

 

 

1. Beginnen wir bei den Medien. Sie liefern nach Lafontaine ein völlig verzerrtes Bild der Wirklichkeit.

Das zeige sich an der Berichterstattung über den Ukraine-Krieg. Das Gerede von der Alleinschuld Russlands gehört für Lafontaine ins Reich der Märchen. Schließlich hätten die USA seit den neunziger Jahren eine Politik zur „demokratischen Eroberung“ der Ukraine betrieben, hätten 2014 einen Putsch auf dem Majdan organisiert und mit dem Schauspieler Selensky eine Marionetten-Regierung in der Ukraine installiert, die den Willen der USA exekutiere. Damit sei Gorbatschows Traum von einem gemeinsamen „europäischen Haus“ systematisch zerstört worden. Die Vorgeschichte des Krieges sei vergessen. Bei jedem Krieg komme es nicht auf den ersten Schuss an, sondern darauf, wer die Provokation begonnen habe. Die „Vorkriegsgeschichte“ sei ganz verdrängt worden. Die Drahtzieher dieser Verdrängung liegen nach Lafontaine auf der Hand: „Das Pentagon kann jede Lüge verbreiten“, die „westliche Propagandapresse“ würde sie ungeprüft schlucken. Für Lafontaine leben wir in einer riesigen Propagandablase. Für einen Politiker, der über Jahrzehnte im Mittelpunkt des medialen Interesses stand, sind das ungewöhnliche Töne. Gibt hier ein Insider sein Wissen preis? Oder ist Lafontaine jetzt in das Lager der sogenannten Verschwörungstheoretiker gewechselt?

Zu behaupten, der Konflikt um die Ukraine habe mit dem 24. Februar 2020 begonnen, nennt Lafontaine eine „verlogene Propaganda“. Die beherrsche die öffentliche Meinung, denn „eine freie öffentliche Debatte findet hier nicht mehr statt“. Das letzte abschreckende Beispiel für den „erbärmlichen Zustand in dem sich Politik und Journalismus befinden, war die Reaktion auf den ungeheuerlichen Anschlag“ auf die Gaspipeline Nord Stream 1 und 2. Lafontaine konstatiert, „niemand wage das Offensichtliche beim Namen zu nennen“. „Völlig verblödete Journalisten spekulierten über eine Täterschaft der Russen“: Das Ausmaß der Beschränktheit erinnere ihn an den Orwellschen Satz „Wenn die Lüge nur lange genug wiederholt wird, dann wird sie irgendwann zur Wahrheit“.

 

2. Mit der frage nach den „Big Brother“ sind wir bei der zweiten Stoßrichtung von Lafontaines „Kriegs-Erklärung“. Sie wendet sich gegen die USA. Durch eine Art von Hirnwäsche sei uns ein „Mythos Amerika“ eingepflanzt worden, nach dem die USA Vorkämpfer für eine gerechte und freiheitliche Weltordnung seien. In Wirklichkeit jedoch seien sie eine selbstsüchtige und aggressive Weltmacht. In der Ukraine führten sie einen Stellvertreter-Krieg, nach Aussagen von US Politikern seien sie bereit, „bis zum letzten Ukrainer zu kämpfen“. Vielleicht auch bis zum letzten Europäer. Sie wären bereit, einen begrenzten Atomkrieg in Europa zu führen, bei dem von ihrem „strategischen Brückenkopf“ nicht viel übrig bliebe. Der Kern der US-Strategie sei altbekannt. Es gelte, jeden auch nur potentiellen Rivalen auf der Weltbühne mit allen Mitteln aus dem Wege zu räumen. Gegner seien nicht nur Russland und China, sondern auch ein unabhängiges Europa. Als Folge der „neokonservativen“ Wolfowitz-Doktrin provozierten die USA ständig neue Konflikte, die seit 1991 zu 251 US-Militär-Interventionen geführt haben. Die US-Kriege in Korea, Vietnam, Afghanistan, Irak und Syrien forderten mehr als 20 Millionen Tote. Der Krieg in der Ukraine und die Sprengung der Ostsee-Pipelines seien der jüngste Produkt dieser aggressiven Außenpolitik. Lafontaine verweist darauf, dass er seit mehr als 40 Jahren gefordert habe, dass „wir uns von der aggressiven und gefährlichen US-Außenpolitik lösen“. Schon 1983 habe er mit Heinrich Böll und Petra Kelly vor dem US-Depot in Mutlangen gegen die Stationierung von US-Raketen in Deutschland demonstriert. Sein Argument damals: „es ist unverantwortlich Kurzstrecken-Raketen mit 5 Minuten Flugzeit an der Grenze eine Atommacht aufzustellen“. Breschnew würde bei Alarm nicht mal den Weg vom Klo zum Telefon schaffen. Wie die USA auf eine ähnliche Herausforderung in der Kubakrise 1962 reagiert haben, ist hinlänglich bekannt. Sie drohten mit dem Einsatz von Atomwaffen und die Russen zogen ihre Raketen zurück. Heute strebten die USA mit Raketen in der Ukraine danach, „das Messer an den Hals des Gegners zu legen“. Das sei eine unglaubliche Herausforderung für Russland. Aber gleichzeitig eine ungeheuerliche Gefährdung Europas. Allein durch einen einzigen technischen oder menschlichen Fehler könnten wir in einem dritten Weltkrieg versinken. Mit der seit zehn Jahren schwelenden Ukraine-Krise wiederhole sich nun „Kuba“ mit umgekehrten Vorzeichen.

Ein Nachgeben der Amerikaner sei nicht in Sicht. Im Gegenteil: Lloyd Austin, der „Kriegsminister der USA“, betonte auf dem US-Stützpunkt Ramstein, das Ziel der USA sei es, Russland so sehr zu schwächen, dass sich das Land davor nicht mehr erholen kann…“.

Der Kriegswille der USA ist für Lafontaine offenkundig. Gezielt unterschlagen werde Putins Friedensangebot zwei Wochen nach Beginn des Krieges: Verzicht auf die NATO- Mitgliedschaft gegen Rückzug der Russen. Offenbar lag ein kurzer Krieg in Putins Kalkül. Das Angebot war für Selensky akzeptabel. Aber der Westen ließ Putin nicht mehr aus dem Krieg heraus. Boris Johnson reiste eiligst nach Kiew und machte Selensky am 9. April klar: „This ist no time for peace, this is time for victory!“ Die NATO, sprich die USA, wollen also den Krieg. Für Lafontaine ein Skandal.

Das Bündnis ist für ihn ein Instrument imperialer US-Machtpolitik. Die Kurzformel des ersten Generalsekretärs der NATO, des Briten Lord Ismay, die Nato habe drei Ziele: „die Amerikaner drinnen, die Russen draußen und die Deutschen unten zu halten“ gilt weiterhin, sie müßte jedoch heute korrigiert werden. Jetzt gehe es darum, auch die Russen zu besiegen und unten zu halten.

Dazu schrecke die US-Politik nicht vor Terrorakten zurück. Im Hinblick auf die Sprengung der Ostsee-Pipeline sieht Lafontaine das Wort Noam Chomskys von den USA als „Terror-Staat Nummer 1“ bestätigt. Aber wir seien so sehr in einem Orwellschen Käfig gefangen, dass wir den größten Schurkenstart nicht wahrnehmen könnten. Lafontaines verweist dabei auch auf US-Präsident Jimmy Carter, der die USA als „korrupte Oligarchie“ titulierte, und auf die Rolle der US-Waffenindustrie, welche angeblich Senat und Kongress kontrolliere. Nicht nur die weltpolitische Rolle, sondern auch das innenpolitische System der USA müßten wir einer kritischen Prüfung unterziehen.

 

 

3. Gleiches gilt für die Bundesrepublik, sie kommt in Lafontaines Analyse kaum besser weg. Der dritte Teil seiner „Kriegs-Erklärung“ nimmt die Verhältnisse der Berliner Republik unter die Lupe.

Die „missratenen Urenkel Willy Brandts“ haben nach Lafontaine die Erfolge der Brandtschen Friedens-Politik verspielt. Bundeskanzler Brandt habe sich Anfang der 70er Jahre - auch gegen den Willen der USA - durchgesetzt, weshalb ihm Kissinger den Krebs an den Hals gewünscht habe. Brandts historisches Verdienst war, die Deutschen aus der atomaren Geiselhaft der Großmächte zu befreien. 40 Jahre lang wären sie bei einem Krieg zwischen Ost und West als erste erschossen worden. Über Mitteleuropa schwebte das Damoklesschwert der atomaren Vernichtung.

Mit der Wiedervereinigung wurden die Deutschen angeblich souverän, wieder Herr im eigenen Land. Doch nicht ganz. Bedingung von US-Seite war nämlich die Mitgliedschaft in der Nato. Das NATO-Statut schrieb die Rechte der USA aus der Besatzungszeit fort. Symbol der fortbestehenden Besetzung ist das US-Hauptquartier in Ramstein. Alle Resolutionen des Bundestages, die Amerikaner sollten ihre Atomwaffen abziehen, wurden von Washington ignoriert. Damit steht unser Land weiter ganz oben in Ziel-Katalog feindlicher Raketen. Die erzwungene Beteiligung der Deutschen nennt sich nukleare Teilhabe, - im Ernstfall wohl auf der Opfer-Seite. Das gehört zum Orwell-Sprech wie auch die neue Formel : Die Deutschen sollen jetzt „Führungsstärke beweisen“, gemeint ist: sie sollen der US-Politik widerspruchslos folgen. Lafontaine wirft „den Befehlsempfängern in Berlin“ komplettes Versagen vor, Annalena Baerbock repräsentiere das in unübertrefflicher Weise. Nach Baerbocks Auftritten hätte es einen Aufschrei des Entsetzens geben müssen, etwa wenn sie sagt: „Mehr Waffen für die Ukraine retten Leben“. Das hat sie wohl im  Young Leaders Programm gelernt. „Guns Safe Lives“ ist das Motto der US-Waffenlobby.

Eklatantes Beispiel für die Hörigkeit der deutschen Politik gegenüber der Besatzungsmacht ist für Lafontaine die Reaktion des Bundeskanzlers auf die Zerstörung von Nordstream 2. „Ein mutiger Bundeskanzler hätte die Sprengung von Nordstream 2 eine Kriegserklärung an Deutschland genannt“. Mit diesem Akt des Terrors wurde Deutschland auf internationalen Bühne als Hanswurst vorgeführt. Einen kriegerischen Akt gegen das eigene Land nicht benennen zu können, zeugt von einem Mangel an Freiheit, Wahrhaftigkeit und Souveränität.

Hierin liegt das Dilemma der deutschen Politik: Deutschland ist ein in vieler Hinsicht fremdbestimmter Staat, wehrlos gegen fremde Eingriffe und Einflußnahme. Keine Kolonie, kein „fake state", aber auf dem besten Weg zum „failed state“ zu werden. Welche Politikfelder der Fremdbestimmung unterliegen, läßt sich nicht offen diskutieren. Wie es sich dadurch schon verändert hat, wird durch Sprachregelungen verschleiert. Die freiheitlich-demokratische Willensbildung bleibt Fassade. Verantwortlich dafür ist eine politische Klasse, die in Jahrzehnten geübt hat, den falschen Freund als Befreier und Heilsbringer zu feiern, die Unterscheidung von Eigenem und Fremdem aufzugeben und sich in die Rolle des „underdog" zu fügen. Ein getretener Hund, der kuschen gelernt hat. Ein politisches Personal, das bereit ist, Schuld und Schulden immer wieder zu übernehmen und sogar für  fremde Interessen in den Krieg zu ziehen. Statt die Fesseln der gefährlichen „Westbindung“ zu lockern, beeilt sich die deutsche Politik, ihre Vasallen-Treue immer neu unter Beweis zu stellen. Das ist für Lafontaine nicht nur erbärmlich, das ist in höchstem Maße verantwortungslos. Frieden und Wohlstand stehen auf dem Spiel. Entweder unterliegen die deutschen Politiker selbst einer Täuschung über den Charakter der USA. Oder sie täuschen die deutsche Öffentlichkeit über ihre eigene Rolle als Vertreter einer fremden Macht. Egal ob dumm oder gewissenlos, sie sind eine Fehlbesetzung. Soweit Lafontaines Meinung.

„Ami, it‘s time to Go!“ Ist ein Plädoyer für eine vollständige Neuorientierung der deutschen Politik. Das wäre eine gewaltige Aufgabe. Ein Ende der Fremdbestimmung in Politik und Medien käme einer Auflösung der alten Bundesrepublik gleich. Jeden Versuch in dieser Richtung werden „unsere“ Medien, der große Bruder und seine Satrapen sicherlich als Kriegserklärung auffassen und entschieden bekämpfen. Lafontaines „Kriegs-Erklärung“ dagegen versucht zu klären, wie die Rollen von Kriegstreibern und Friedensstiftern vertauscht sind. Sein unbestreitbares Anliegen heißt: Frieden. Und der ist nur möglich, wenn die verworrenen Verhältnisse von Krieg und Frieden aufgeklärt werden. Wenn Lafontaines Analyse stimmt, dann braucht Europa ein zweites „1989“, auch die Amerikaner müßten Europa verlassen. Ihr Abzug ist aus vielen Gründen nicht in Sicht. Eine Voraussetzung dafür wäre eine kopernikanische Wende im Denken, ein Ausbruch aus dem Orwellschen Käfig, ein Abschied vom Mythos Amerika. Dazu setzt Lafontaines Streitschrift ein kämpferisches Signal.


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